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#5 Auf Klo
funk (ARD/ZDF), 2016–
Themen, die uns alle im Heranwachsen umtreiben – und noch lange darüber hinaus. AUF KLO ist so etwas wie die Dr. Sommer-Kolumne der Generation Z: informativ, ungeniert und dabei doch viel inklusiver, fairer und menschenliebender, als es die berüchtigte Bravo-Seite je war.
Wurdest du schon mal sexuell belästigt? Wie gehst du mit deiner Pornosucht um? Wann hast du das letzte Mal geweint? Wie war dein erster Absturz? AUF KLO wendet mit Interviews und vermeintlich peinlichen Selbstversuchen seiner Moderator:innen an ein junges Publikum – ganz egal, ob dieses cis oder trans, straight oder queer, weiß oder BIPoC, mit oder ohne Behinderung ist. Das funk-Format lebt vor, was sonst häufig leere Worte sind: Es gibt keine blöden Fragen!
Nicht verpassen: Interview mit Maria Popov von AUF KLO.
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#4 Durch die Nacht mit ...
ZDF/Arte, 2002–
Zwei krasse bekannte Promis ziehen gemeinsam um die Häuser. So oder so ähnlich muss der Pitch für diese kultige Show geklungen haben. So simpel die Idee, so genial ist das Resultat.
DURCH DIE NACHT MIT… macht Spaß und rückt Gesichter, die wir lieben, in greifbare Nähe. Dabei ist es ebenso Zeitdokument – Ulrich Seidl zeigt Josef Bierbichler Kiew, lange bevor der Regisseur für seine Arbeit kritisiert und die Stadt bombardiert wurde –, wie Reiseführer – Fatih Akin führt Thea Dorn durch Istanbul – oder ein Stück deutscher Fernsehgeschichte: Wie Michel Friedman Christopher Schlingensief über Trüffelspaghetti den Unterschied zwischen Narzissmus und Authentizität erklärt – das ist mutig und vor allem: ganz großes Fernsehen.
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#3 Domian
1 LIVE/WDR, 1995–2016
Er sieht aus wie der freundliche Nachbar von nebenan, ist umgänglich wie ein guter Freund und lauscht mit der Ruhe und Offenheit des besten Psychotherapeuten. DOMIAN – von 1995 bis 2016 auf 1 Live und zeitgleich im WDR Fernsehen ausgestrahlt – ist so etwas wie der Vater aller deutschen Podcasts, zugleich Telefonseelsorge, die Einladung zum Blick über den Tellerrand und – das vielleicht am allermeisten – unglaublich amüsant.
Wer dafür Beispiele sucht, sollte sich anhören, wie der Moderator mit Anrufern spricht, die sich von Dämonen besessen glauben, einer 70-jährigen bei der Schilderung ihrer ersten Cunnilinguus-Erfahrung im Wald lauscht oder von einem 26-jährigen hört – diese Episode wurde legendär –, wie dieser in seiner Badewanne regelmäßig mit 60kg Hackfleisch korpuliert. Ein Telefon – und die Bereitschaft über wirklich alles zu sprechen. Doch bei aller Verrücktheit sollte man nicht den Fehler begehen, DOMIAN als Trash-TV abzutun. Wenn Jürgen Domian, selbst schwul, energisch aber nie unsachlich mit einem homophoben Anrufer diskutiert, dem dabei schrittweise die Argumente zerbröseln, wird deutlich: DOMIAN war vor allem das Sprachrohr einer äußerst komplexen Gesellschaft.
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#2 Talk 2000
Kanal 4 (RTL/Sat.1), 1997
Schlingensief, again. »Ich muss sagen, ich habe schon viel im Fernsehen erlebt – aber das war mir neu.« Hildegard Knef in einer der besten Folgen der visionären Anti-Talkshow. Beate Uhse diskutiert mit Schlingensief über Moral. Harald Schmidt bringt ihn ins Schwitzen. Und Carl Alexander Prinz von Hohenzollern droht ihm vor laufenden Kameras mit seinem Anwalt.
»Der ultimative Abgesang auf eine Fernsehform, die sich längst totgelaufen hat und die dennoch nicht totzukriegen ist«, schrieb eine Zeitung 1997. Dabei war TALK 2000 weitaus mehr, als anarchische Provokation, Schlingensiefs Blick auf seine Gäste – ganz egal, wen er vor sich hatte – immer ein offener und wohlwollender. Gerade, weil hier so gut wie nichts im Vorhinein geprobt wurde, konnte die schummrige Kantine der Volksbühne unerwartet zur Bühne für große Momente werden: für Sprechchöre, Raufereien und unvergessliche Dialoge.
Schlingensief: »Sie sind als Prinz geboren worden. Oder wie geht das, wie ist der genaue Vorgang?«
Carl Alexander Prinz von Hohenzollern: »Doch, als Prinz. Ja, leider.«
Schlingensief: »Was ist denn daran leider?«
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#1 13 Fragen
ZDFKultur, 2020–
Das Kino affiziert uns als einzelne Zuschauer:innen und ist nur auf indirektem Weg ein Medium der Masse. Auch das Theater hat weitgehend aufgehört an die Kraft des anwesenden Zuschauerkollektivs zu glauben. Bleibt nur mehr »das Fernsehen«– das sich im digitalen Zeitalter freilich Talk-Format, Webserie oder Channel nennt –, um eine demokratische Gesellschaft zur Versammlung zu rufen.
13 FRAGEN – die Show als Agora: Sechs Gäste mit unterschiedlichen Hintergründen und sehr vielfältigen Meinungen kommen anlässlich einer Konfliktfrage (»Müssen die Reichen mehr zahlen?«, »Sollten alle Drogen legal sein?«, »Spaltet Identitätspolitik unsere Gesellschaft?«) zusammen, eingeteilt in zwei Gruppen, nach »Ja« oder »Nein«, und in Zaum gehalten von den wunderbaren Moderator:innen Salwa Houmsi und Jo Schück. Was folgt, erinnert ein wenig an 1, 2 ODER 3 oder das Kinderspiel Himmel und Hölle: Weitere Fragen und die resultierenden hitzigen Diskussionen bringen sie dazu, auf dem Spielfeld weiter zueinander zu rücken. Wo sonst im Netz, wenn nicht auf dem Channel unbubble, wird noch kultiviert gestritten? 13 FRAGEN setzt einen Traum um, an dem Twitter gescheitert ist. Sein Motto lautet dabei: »Raus aus der Blase, rein in den Austausch!«. Wir finden: Mission accomplished.
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