I-Aah zum Leben sagen. | Film Festival Cologne
EO

I-Aah zum Leben sagen.

Wir sind nicht lieb zum Esel. In unserer Popkultur ist er entweder Nervensäge oder pessimistischer Spaßverderber. Erinnern Sie sich an den Vierbeiner in PU, DER BÄR? Eine depressive Kartoffel! Wir nennen das Tier dumm und stur und schimpfen Exemplare unserer eigenen Spezies »Esel«, wenn wir sie beleidigen wollen. Die Feiertage sind eine gute Gelegenheit, um diese Gemeinheiten zu überdenken. Schließlich ist der Esel in der Weihnachtsgeschichte – neben seinem Kumpel, dem Ochsen – der Erste, der den neugeborenen Messias zu Gesicht bekommt. Tatsächlich können wir von unseren iahenden Freunden einiges lernen. Wo? Im Kino.

Shrek donkey

In Jerzy Skolimowskis EO (Kinostart: 22. Dezember) ist ein gleichnamiger Esel die Hauptfigur. Er wird den Armen einer Zirkusartistin entrissen, die ihn liebt. Bald verschlägt es ihn zu einer armen Bauernfamilie, später ans Schloss einer Gräfin. Die Menschen küssen, und sie schlagen ihn, Eo wird zum Sklaven menschlicher Willkür. Doch einen Teil von ihm kann niemand einsperren. In einer der vielen unvergesslichen Szenen des Films kehrt das Tier in seinem Kopf an jenen Ort zurück, wo sein Leben noch ein glückliches war: hypnotische Bilder begleiten den vielleicht ersten tierischen Traum der Filmgeschichte. So schult uns ein Esel – oder eigentlich sechs Esel, wie Skolimowski und Ko-Autorin Eva Piaskowska im Featurette verraten – nicht nur in Gelassenheit gegenüber allen möglichen Widrigkeiten des kommenden Jahres. Er zeigt uns auch, was wichtiger ist, als die Schätze weihnachtlicher Einkaufsstraßen: unsere Sehnsüchte und unsere Träume.

Sonst kriegen Esel selten Hauptrollen. Sie sind zufrieden damit, in der hinteren Reihe zu stehen und der Geburt eines Erlösers mit Gelassenheit zuzusehen. Dass der Esel als Statist in der Bibel eigentlich gar nicht vorkommt, tut nichts zur Sache –  auch von seiner Bescheidenheit können wir uns was abschauen. Wer dafür noch Beweise braucht, sollte sich die großartige Komödie THE BANSHEES OF INISHERIN zu Gemüte führen, die im Januar ihren Deutschlandstart feiert. Scheinbar mühelos und mit akrobatischem Understatement beschert darin ein Vierbeiner Colin Farrell den lässigsten Buddy seiner Karriere.

Die Weihnachtszeit ist keine Zeit, um stur und störrisch zu sein. Sie lädt vielmehr zum Liebsein ein – zu anderen Menschen, zu Eseln, aber vor allem zu sich selbst. Wir wünschen viel Spaß im Kino und erholsame Feiertage!